08|25 HÖFLICHKEIT IST EINE ZIER, DOCH WEITER KOMMT FRAU OHNE IHR!
Kommunikationsstil männlich - weiblich
Frauen sind die geborenen Quasselstrippen, Männer die großen Schweiger. Wenn dieses Klischee stimmen würde, kämen die Herren in der Politik wohl kaum einmal zu Wort. Aber dem wiederspricht beispielsweise eine Analyse des Nachrichtenportals bento.de. Das ermittelte zwischen 2017 und 2019 die zehn eifrigsten Redner unter den jüngeren Bundestagsabgeordneten, und siehe da: nur drei Frauen waren vertreten.
Offenbar kommt es darauf an, wo Frauen reden. Studien zeigen, dass es einen Unterschied zwischen öffentlich und privat gibt. Im öffentlichen Zusammenhang ist es der Mann, der eher zur verbalen Selbstdarstellung neigt, zum Beispiel auf der Arbeit oder in größeren Personengruppen. Studien zu Fernsehdiskussionen, Paar- und Gruppengesprächen zwischen 1979 und 1991 ergaben, dass Männer Frauen mehr unterbrechen und stärker an ihren Themen und Meinungen festhalten. Die Soziolinguistin Deborah Tannen betont bei diesem Punkt jedoch, dass nicht jede Unterbrechung als Dominanzsignal gewertet werden kann. Frauen hingegen reden mehr im privaten Bereich, in kleineren vertrauten Gruppen. Doch warum ist das so?
Deborah Tannen geht davon aus, dass für Männer Gespräche Verhandlungen sind, in denen man sich behaupten muss. Männer sehen sich eher als Individuum einer hierarchischen Ordnung, in der der eigene Status stets auf dem Spiel steht. Gespräche werden so zum Wettkampf. Frauen hingegen sehen sich als Individuum in einem Netzwerk aus sozialen Bindungen. Gespräche sind Verhandlungen über Nähe und Unterstützung in einer Gemeinschaft. Dieses Verhalten führt nach Tannen zu einer Beziehungssprache (rapport-talk) der Frau und einer Berichtsprache (report-talk) des Mannes. Danach fühlen sich Männer eher wohl, wenn sie „öffentlich“ sprechen und Frauen, wenn sie „privat“ sprechen.
Frauen kommunizieren also anders – doch das kann ihnen leider einen Nachteil einhandeln, wie die Linguistin Robin Lakoff herausfand. Weibliche Kommunikation habe eine Art, die Frauen leicht unterdrückbar mache. Denn diese Kommunikation ist geprägt durch Vorsicht, Höflichkeit, demonstrierter Unsicherheit und Bescheidenheit. Frauen neigen dazu öfter Fragen zu stellen. Statt Behauptungen aufzustellen, sichern sich Frauen gerne mit Adverbien ab, wie: „irgendwie“, „oder so“ und Einleitungen wie: „Ich finde, meine, denke…“.
So sagt die Vorgesetzte wohl eher: „Ich finde, wir sollten zu dem Thema ein Meeting einberufen“ während der Vorgesetzte vermutlich sagen wird: „Morgen um 10 Uhr machen wir ein Meeting!“ Laut Deborah Tannen entscheidet sich Frau tendenziell eher für den höflichen Stil, der Raum für Diskussion lässt.
Der Mann tendiere eher dazu, dominant und selbstbewusst Aussagen zu treffen. Genau so gut kann es passieren, dass Frauen in einem gemeinsamen Meeting mit Männern untergehen. Oft hat man schon von dem Fall gehört, dass Frauen Vorschläge anbringen und nicht gehört werden. Im Gegensatz wird dieselbe Idee wird im Meeting von einem Mann geäußert und gelobt. Auch Frauen sind daran interessiert einen Status zu gewinnen, aber sie verfolgen dieses Ziel in der Regel auf einem anderen Weg.
Und zu glauben, dass Politikerinnen kaum das Wort zu ergreifen wagen, wäre vollkommen falsch. Es kommt bei ihnen nämlich auf das Thema an, fand Oliver Rittmann, Doktorand am Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Quantitative Methoden in den Sozialwissenschaften der Universität Mannheim und an der Graduate School of Economic and Social Sciences (GESS), heraus. Das Ergebnis seiner Studie sagt: „Frauen im Bundestag sprechen öfter und emotionaler als Männer über Themen, die Frauen besonders betreffen – weil sie sich mehr dafür interessieren als ihre männlichen Kollegen.“ Bei den untersuchten Bundestagsreden hat der Politikwissenschaftler die durchschnittliche Stimmlage während einer Rede berechnet. „Da Frauen im Allgemeinen höhere Stimmen als Männer haben, habe ich eine Rede immer nur mit allen anderen Reden derselben Person verglichen.“ Der Vergleich ergibt, dass Frauen im Bundestag öfter und auch gefühlsbetonter als Männer über Themen sprechen, die für Frauen besonders relevant sind. „Das sind zum Beispiel Themen wie Mutterschutz oder Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen“, so Rittmann. Die Ergebnisse deuten für ihn darauf hin, dass Politikerinnen sich mit einer größeren Ernsthaftigkeit mit solchen Themen auseinandersetzen als ihre männlichen Kollegen.
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Frauen in den allermeisten Parlamenten unterrepräsentiert sind, ist das Studienergebnis relevant – denn es zeigt, dass es sich lohnt, etwas zu ändern. „Wenn mehr Frauen in die Parlamente gewählt werden, erhöht dies den Anteil der Abgeordneten, die sich aus eigener Motivation heraus mit frauenspezifischen Themen beschäftigen“, folgert Rittmann.
Quellen:
https://rhetorik-online.de/maennliche-weibliche-kommunikation/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1063378/umfrage/redeanteil-der-frauen-im-deutschen-bundestag-nach-fraktionen/
https://www.uni-mannheim.de/news/studie-weibliche-bundestagsabgeordnete-nehmen-frauenspezifische-themen-ernster-als-maennliche/
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