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Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes

Die Niedersächsische Landesregierung möchte Benachteiligungen für Frauen im öffentlichen Dienst abbauen und zu diskriminierungsfreien Strukturen für alle Beschäftigten unabhängig vom Geschlecht beitragen. Hierzu hat das Kabinett in seiner Sitzung am 14.5. einem Entwurf zur Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes (NGG) zugestimmt und diesen zur Verbandsbeteiligung freigegeben.

Zur Berichterstattung um den Entwurf für das „Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz“

Der Entwurf von Sozial- und Gleichstellungsminister Andreas Philippi (SPD) für eine bessere Frauenförderung im öffentlichen Dienst, das „Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz“ (NGG), wurde in der Berichterstattung von Kommunalverbänden, der Industrie- und Handelskammer, der Landwirtschaftskammer und den Handwerksverbänden massiv kritisiert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) vertritt die die gegenteilige Position und fordert weitergehende Rechte der Gleichstellungsbeauftragten.

Viele Behauptungen in der Berichterstattung über Neuerungen sind bereits jetzt gelebte Praxis

In der Kritik steht vor allem die Verschärfung der Vorgabe, dass bei gleicher Eignung, Befähigung und Leistung die weibliche Kandidatin gegenüber männlichen Bewerbern den Vorzug genießen muss. Dies gilt nur wenn eine Unterrepräsentanz besteht. Das war bisher nicht verpflichtend formuliert. In vielen Kommunen ist dies aber bereits gelebte Praxis. Allerdings können die meisten Gleichstellungsbeauftragten an einer Hand abzählen, wie oft diese Situation in der Realität eintritt: Nach unserer Umfrage liegt der Wert unter 1%.

Außerdem darf die Gleichstellungsbeauftragte bei Unterrepräsentanz bereits jetzt eine zweite Ausschreibung oder eine Verlängerung verlangen: Auch hier liegt der Wert bei 1-2% der Verfahren im Jahr.

Nimmt die Kommune den Verfassungsauftrag ernst, sollte sich dies eigentlich in diesen wenigen Fällen von selbst verstehen. Von einer überbordenden Bürokratie können wir in der Praxis wirklich nicht sprechen.

Was ist für Kommunen wirklich neu im NGG:

  • Die Definition der strukturellen Benachteiligung von Frauen (§3 Abs. 8) als durchgängiges Prinzip im Gesetz führt zu Klarheit und stärkt den Gedanken der Frauenförderung. Denn noch immer sind Frauen struktureller Diskriminierung ausgesetzt- dies wird zu einem Bürokratieabbau führen, da eine zahlenmäßige Unterrepräsentanz von Männern nicht mehr berücksichtigt wird.
  • Die Zielsetzung dieses Gesetzes ist verpflichtend. Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sorgen täglich dafür, dass Gleichstellung als Leitprinzip im Verwaltungshandeln gelebt wird. Gender Mainstreaming ist Grundsatz im Verwaltungshandeln. Dies entspricht den Vorgaben der Europäischen Union und dem Verfassungsauftrag.
  • Die Sorge- und Lohnarbeit müssen miteinander vereinbar sein und ArbeitgeberInnen müssen dafür die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Außerdem wurde Familienarbeit durch den Faktor Pflege ergänzt. Dies trägt der aktuellen gesellschaftlichen Situation Rechnung.
  • Die kommunalen Eigenbetriebe und selbstständig geführten Einrichtungen der Kommune werden einbezogen, da diese aus staatlichen Mittel finanziert werden und somit vom GG Art. 3 Abs.2 S. 2 mitgemeint sind. Dies ist eine verfassungsgemäße und notwendige Klarstellung.
  • Änderungen für den Gleichstellungsplan: Verlängerung des Berichtszeitraums von drei auf vier Jahre und Herausnahme von Männern als unterrepräsentiertes Geschlecht. Dies wird verbunden mit einer Wirkungskontrolle, da so die Ergebnisse in den nächsten Gleichstellungsplan miteinfließen können. Es handelt sich also um eine sinnvolle Änderung.
  • Die Pflicht zur diskriminierungsfreien Ausgestaltung der Beurteilungsverfahren stärkt in besonderem Maße die hohe Relevanz des §33 GG im Verwaltungshandeln.
  • Wichtige Themen, die die Gleichstellung langfristig stärken, wie Mobile Arbeitsformen15 und gendergerechte Sprache §17, wurden mit aufgenommen. Es gibt keine konkreten Vorgaben zur geschlechtergerechten Sprache– dies lässt allen Verwaltungen Spielraum, um zielgruppenangemessen zu formulieren.
  • Das Leitprinzip Gleichberechtigung in jeglichem Verwaltungshandeln stärkt die Bedeutung der Aufgabe als Querschnittsaufgabe und entspricht dem Verfassungsauftrag.

Unsere Einschätzung aus der täglichen kommunalen Gleichstellungsarbeit

Das Gesetzbringt einige Klarstellungen, die dem Verfassungsauftrag des Grundgesetzes und der aktuellsten Rechtsprechung entsprechen. Dies gilt nun auch für die Tochterunternehmen, was überfällig war. Da es weiterhin keine Sanktionen gibt, hängt eine Veränderung in Richtung Gleichstellung vom Willen von Verwaltung und Politik vor Ort ab. Die kommunale Gleichstellungsbeauftragte kann weiterhin Vorschläge machen und Entscheidungen anmahnen – mehr nicht! Die Berichterstattung betont einen bürokratischen Aufwand, der in der Praxis nicht zu erwarten ist.

Quelle: Pressemitteilung der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros Niedersachsen, www.gleichstellung-niedersachsen.de

Landesregierung gibt Gesetzentwurf zum Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz (NGG) zur Verbandsbeteiligung frei

Die Niedersächsische Landesregierung möchte Benachteiligungen für Frauen im öffentlichen Dienst abbauen und zu diskriminierungsfreien Strukturen für alle Beschäftigten unabhängig vom Geschlecht beitragen. Hierzu hat das Kabinett in seiner Sitzung am 14.5.2024 einem Entwurf zur Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes (NGG) zugestimmt und diesen zur Verbandsbeteiligung freigegeben.

„Mit der Novelle des Gleichstellungsgesetzes möchten wir einen großen Schritt machen hin zu mehr Chancengleichheit im öffentlichen Dienst“, betont Gleichstellungsminister Dr. Andreas Philippi, der den Gesetzentwurf im Kabinett vorgestellt hat.

Der Entwurf für ein neues NGG sieht unter anderem diskriminierungsfreie Beurteilungsverfahren, paritätische Gremienbesetzungen sowie erstmalig ein Klagerecht für Gleichstellungsbeauftragte vor. Zudem sollen die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf deutlich verbessert werden. Die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten wird ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben. Bereits seit 1989 ist die Verpflichtung zur geschlechtergerechten Formulierung und die Sichtbarmachung von Frauen in unserer Rechts- und Verwaltungssprache vorgeschrieben. Der Vorschlag einer Aufnahme einer Regelung zur diskriminierungsfreien Sprache ins NGG führt diese Verpflichtung fort und befriedigt zugleich die Bedürfnisse der Praxis, die einschlägigen Vorschriften in einem Gesetz zu vereinen.

Von besonderer Bedeutung ist der Vorschlag, das gesamte Verwaltungshandeln unter Gleichstellungsaspekten zu betrachten. Damit soll das Bewusstsein für dieses Thema geschärft werden. Dies ist auch notwendig, da auch in der öffentlichen Verwaltung Nachholbedarf beststeht, zum Beispiel in Hinblick darauf, dass in den jeweils höchsten Besoldungs- und Entgeltgruppen jeder einzelnen Laufbahngruppe Frauen immer noch deutlich unterrepräsentiert sind. „Mit einem neuen NGG bestünde die Chance mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Das, so Dr. Andreas Philippi, sei zentral für eine konsequente Gleichstellungspolitik, aber auch klug im Hinblick auf Fachkräftemangel und demografischen Wandel.“

Bereits 1994 hatte das Land Niedersachsen ein erstes Niedersächsisches Gleichberechtigungsgesetz verabschiedet, das sich ganz der Förderung von Frauen widmete. Dieses aktuelle NGG hat auch über die Jahre durchaus in einzelnen Bereichen Wirkung gezeigt. Im Jahr 2010 aber sind viele Regeln der Frauenförderung aufgeweicht worden. Der Verfassungsauftrag der Gleichberechtigung konnte deshalb nur teilweise umgesetzt werden.

Philippi: „Wir haben uns das Ziel gesetzt, in dieser Legislaturperiode das NGG wieder zu einem schlagkräftigen Instrument der Frauenförderung zu machen. Ich freue mich, dass wir diesem Ziel heute ein ganzes Stück nähergekommen sind.“ Mit dem Entwurf für ein neues NGG bekennt sich das Land in seinem Zuständigkeitsbereich zu umfassender und echter Gleichstellung. Wir möchten verkrustete Strukturen von Benachteiligung und Diskriminierung abbauen.

Über 60 Verbände und Institutionen erhalten in den nächsten Wochen Gelegenheit, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.

Der Gesetzesentwurf ist auf der Website der Staatskanzlei abrufbar. 

Quelle: Pressemitteilung der Nds. Landesregierung vom 14.5.2024

Niedersächsische Verfassung

Artikel 3 Abs. 2
Die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte sind Bestandteil dieser Verfassung. Sie binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Landesrecht. Die Achtung der Grundrechte, insbesondere die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, ist eine ständige Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Landkreise.

Stellungnahmen zum Gesetzentwurf

Einige Stellungnahmen von Verbänden und Institutionen sind veröffentlicht.

Hier können Sie die Stellungnahme der Vernetzungsstelle für Gleichberechtigung als pdf-Dabei abrufen.

Weitere Stellungnahmen:

Landesfrauenrat Niedersachsen - Zur Website des LFR

LAG Gleichstellung - Zur Website der LAG

Deutscher Juristinnenbund - Zur Website des djb