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Das Portal aus Niedersachsen für Gleichberechtigung, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte

Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Frauen und Mädchen kommt in vielen Formen vor. Dazu gehören Gewalt in Ehe und Partnerschaft die i.d.R. als häusliche Gewalt bezeichnet wird. Dazu gehören aber auch sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung, Stalking, Menschenhandel und Gewalt im Kontext von Prostitution oder auch Genitalverstümmelung. Sie kann auf ganz verschiedene Weise ausgeübt werden: mit der alltäglichen Anmache,  frauenfeindlichen Witzen, mit Einschränkung der persönlichen Freiheit, dies kann aktiv geschehen oder weil Frauen und Mädchen gewisse Orte oder Wege meiden. Zu den direkten Erscheinungsformen von Gewalt gehören sexuelle Belästigung, Beleidigung, Schläge, sexuelle Nötigung, Stalking oder Vergewaltigung und auch die Tötung der Frau. Auch verschiedene Formen digitaler Gewalt sind zu nenn.

In Deutschland wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt; etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder durch ihren früheren Partner.

Im Bereich des Gewaltschutzes, insbesondere seit Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes 2001 engagieren sich kommunale Gleichstellungsbeauftragte vor Ort. Sie initiieren funktionierende Netzwerke, um betroffenen Frauen direkt in ihren Lebensräumen Wege aus der Gewalt aufzuzeigen. Ergänzend gibt es das bundesweit erreichbare „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen“. Seit 2018 ist in Deutschland die sog. Istanbul-Konvention in Kraft getreten, die gesetzliche Regelungen zur Prävention und zum Schutz vor Gewalt festlegt.

Bundesrat stimmt Gewalthilfegesetz zu

Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 14. Februar 2025 dem Gewalthilfegesetz zugestimmt. Es gibt Frauen und Kindern unter anderem einen Anspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Damit kann das vom Bundestag am 31. Januar beschlossene Gesetz nun ausgefertigt und verkündet werden. Es tritt zu einem großen Teil am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung tritt am 1. Januar 2032 in Kraft, um den Ländern die Gelegenheit zu geben, die Voraussetzungen für dessen Erfüllung zu schaffen.

In einer begleitenden Entschließung unterstützt der Bundesrat das Ziel, ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem für von Gewalt bedrohte Frauen und ihre Kinder zu schaffen. Bundesweit würden mehr Frauenhausplätze benötigt; auch die Fachberatung müsse weiter ausgebaut werden. Hierfür sei ein entschiedener Einsatz von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich. Der Bundesrat begrüßt die vorgesehene Finanzierung bis zum Jahr 2036, bittet die Bundesregierung jedoch, aus Gründen der Planungssicherheit die Finanzierung über das Jahr 2036 hinaus sicherzustellen.

www.bundesrat.de vom 14.2.2025.

Bundestag beschließt Entwurf eines Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt

Der Bundestag hat am 31. Januar 2025 den Entwurf für ein Gewalthilfegesetz beschlossen. Das Gewalthilfegesetz stellt erstmals bundesgesetzlich sicher, dass gewaltbetroffene Frauen einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Damit schafft das Gesetz den Rahmen für ein verlässliches Hilfesystem. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat den Gesetzesentwurf in umfangreicher Abstimmung mit Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und der Zivilgesellschaft erarbeitet.

Das Gewalthilfegesetz:
Das Gesetz stellt eine eigenständige fachgesetzliche Grundlage für ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen dar. Es konkretisiert staatliche Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention. Herzstück des Entwurfs ist ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt für Frauen und ihre Kinder. Dieser tritt am 1. Januar 2032 in Kraft. Damit sollen die Länder genug Zeit haben, ihre Hilfesysteme entsprechend auszubauen. Das Gesetz muss noch vom Bundesrat beschlossen werden.

Ziele:

  • Schutz von Frauen und ihren Kindern vor häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt
  • Intervention bei Gewalt
  • Milderung der Folgen von Gewalt
  • Prävention, um Gewalthandlungen vorzubeugen oder zu verhindern

Vorgesehene Maßnahmen:

  • Bereitstellung von ausreichenden, bedarfsgerechten und kostenfreien Schutz-, Beratungs- sowie Unterstützungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder
  • Maßnahmen zur Prävention, einschließlich Täterarbeit und Öffentlichkeitsarbeit
  • Unterstützung der strukturierten Vernetzungsarbeit innerhalb des spezialisierten Hilfesystems und des Hilfesystems mit allgemeinen Hilfsdiensten
  • Bundesbeteiligung an der Finanzierung des Hilfesystems mit 2,6 Milliarden Euro bis 2036

Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.1.2025, www.bmfsfj.de

Straftaten gegen Frauen und Mädchen steigen in allen Bereichen – Fast jeden Tag ein Femizid in Deutschland

Neues Lagebild gibt erstmals umfassendes Bild von geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten
Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesfrauenministerin Lisa Paus haben gemeinsam mit dem Vizepräsidenten des Bundeskriminalamts, Michael Kretschmer, in Berlin das erste Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ vorgestellt. Es stellt zum ersten Mal Zahlen aus unterschiedlichen Datenquellen zusammen und stellt umfassend dar, dass Frauen und Mädchen in vielerlei Hinsicht Opfer von Straftaten und Gewalt werden, weil sie Frauen und Mädchen sind. Das Lagebild ist wichtig, um den Schutz von Frauen vor Gewalt und anderen Straftaten weiter zu verstärken. Das Lagebild umfasst Daten zu Gewalttaten ebenso wie zu frauenfeindlichen Straftaten als Teil der Politisch motivierten Kriminalität und Straftaten, die generell überwiegend zum Nachteil von Frauen begangen werden. In allen diesen Bereichen sind die Zahlen 2023 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Die Zahlen dieses ersten Lagebilds zeigen: Gewalt gehört zum Alltag von Frauen. Das ist beschämend. Und den bedrohten, geschlagenen und um ihr Leben fürchtenden Frauen ist es vollkommen egal, wer regiert. Sie benötigen niedrigschwelligen Schutz und Beratung. Das Gewalthilfegesetz wird Leben retten – es lässt sich nicht durch einzelne Maßnahmen ersetzen. Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für von Gewalt bedrohte Frauen muss mit einem Ausbau der Infrastruktur für Beratung und Schutzeinrichtungen einhergehen. Den Entwurf dieses Gesetzes habe ich seit langem und sehr genau mit Ländern und Verbänden am Runden Tisch vorbereitet. Ich appelliere an alle Demokratinnen und Demokraten im Deutschen Bundestag dafür zu sorgen, dass Frauen besser geschützt werden.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Wir stellen uns Gewalt gegen Frauen entschieden entgegen. Wir brauchen mehr Härte gegen die Täter und mehr Aufmerksamkeit und Hilfe für die Opfer. Neben harten Strafen brauchen wir verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings und elektronische Fußfesseln, damit die Täter ihr Verhalten tatsächlich ändern und sich betroffenen Frauen nicht mehr unbemerkt nähern können. Denn Gewalt gegen Frauen geht uns alle an. Fast jeden Tag sehen wir einen Femizid in Deutschland. Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt. Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland Opfer einer Sexualstraftat. Sie werden Opfer, weil sie Frauen sind. Das ist unerträglich – und verlangt konsequentes Handeln.“

BKA-Vizepräsident Michael Kretschmer: „Die Zahlen und Fakten zeigen, dass Hass und Gewalt gegen Frauen ein zunehmendes gesellschaftliches Problem sind. In allen Bereichen der geschlechtsspezifisch gegen Frauen begangenen Straftaten sehen wir einen Anstieg. Zudem müssen wir davon ausgehen, dass es weiterhin ein großes Dunkelfeld in diesem Phänomenbereich gibt und die tatsächlichen Zahlen, insbesondere in den Bereichen Häusliche und Digitale Gewalt, noch wesentlich höher sind. Es gilt daher auf Seiten der Sicherheitsbehörden, die Entwicklung der Zahlen weiterhin zu beobachten, derartigen Straftaten sensibel und aufmerksam zu begegnen, sowie deren Tathintergründe zu erkennen und aufzuklären. Es gilt aber auch, aktiv Themen zu erkennen und konsequent gegen Täter vorzugehen. Für uns gilt: Null Toleranz für Gewalt und Hass gegenüber Frauen, egal ob im analogen oder digitalen Raum.“

Mit dem Lagebild kommt Deutschland einer zentralen Forderung der Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, zur Sammlung und Bereitstellung von Daten nach.
 
Wesentliche Erkenntnisse aus dem Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“:

  • Femizide: 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten (+1,0 Prozent, 2022: 929). Dies entspricht einem Anteil von 32,3 Prozent aller Opfer von Tötungsdelikten. Der Anteil an weiblichen Opfern, die im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen Opfer von Tötungsdelikten wurden, liegt bei 80,6 Prozent. Insgesamt wurden 360 Mädchen und Frauen Opfer vollendeter Taten. Demnach gab es 2023 beinahe jeden Tag einen Femizid in Deutschland.
  • Im Berichtsjahr 2023 wurden 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten (2022: 49.284 Opfer, +6,2 Prozent), hiervon war über die Hälfte unter 18 Jahre alt.
  • Auch die Delikte im Bereich der Digitalen Gewalt nehmen zu. Über 17.193 Frauen und Mädchen wurden im vergangenen Jahr Opfer Digitaler Gewalt, zum Beispiel von „Cyberstalking“ oder anderen Delikten, die beispielsweise mittels Nutzung von Sozialen Medien begangen werden. Hier ist mit 25 Prozent ein deutlicher Anstieg der weiblichen Opferzahlen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen (2022: 13.749 weibliche Opfer).
  • Mit 70,5 Prozent sind die weit überwiegende Zahl der Opfer Häuslicher Gewalt Frauen und Mädchen. Im Berichtsjahr stieg die Zahl der weiblichen Opfer um 5,6 Prozent auf 180.715 an (2022: 171.076). Die Häusliche Gewalt gliedert sich in Partnerschaftsgewalt und innerfamiliäre Gewalt. Bei Partnerschaftsgewalt sind mit 79,2 Prozent mehr weibliche Opfer betroffen als bei innerfamiliärer Gewalt (54,0 Prozent Frauen und Mädchen).
  • Auch beim Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei und das Veranlassen zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu sexuellen Handlungen, durch die eine Person ausgebeutet wird, steigen die Zahlen weiter an. 591 Frauen und Mädchen fielen diesen Delikten zum Opfer. Das ist ein Anstieg von 6,9 Prozent zum Vorjahr (2022: 553). Frauen und Mädchen unter 21 Jahren machen mit 31,5 Prozent beinahe ein Drittel der weiblichen Opfer aus.
  • Besonders hoch ist der Anstieg bei frauenfeindlichen Straftaten als Teil der Politisch motivierten Kriminalität. Mit 322 Straftaten im Berichtsjahr 2023 wird ein Anstieg um 56,3 Prozent zum Vorjahr verzeichnet (2022: 206).
  • Die überwiegende Zahl der Opfer und Tatverdächtigen ist deutscher Staatsangehörigkeit. Lediglich in der Fallgruppe Menschenhandel ist der Anteil an nichtdeutschen Staatsangehörigen bei Opfern sowie Tatverdächtigen höher.

 Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet Frauen, Personen aus deren sozialem Umfeld und Fachkräften unter der Nummer 116 016 rund um die Uhr kostenlose, barrierefreie und anonyme Beratung auf Deutsch und 18 Fremdsprachen an. Weitere Informationen unter www.hilfetelefon.de.
 
Die App des Vereins „Gewaltfrei in die Zukunft e.V.“ bietet von häuslicher Gewalt betroffenen Personen einen niedrigschwelligen Zugang zu Informationen und Unterstützungsangeboten und soll als Brücke in das bestehende Hilfenetzwerk dienen. Weitere Informationen unter www.gewaltfrei-in-die-zukunft.de.
 
Das Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ finden Sie hier: https://bka.de/StraftatengegenFrauen2023.

Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ vom 19.11.2024

BMFSFJ und BMI | Häusliche Gewalt im Jahr 2023 um 6,5 Prozent gestiegen

256.276 Menschen in Deutschland wurden 2023 Opfer häuslicher Gewalt, davon sind 70 Prozent weiblich. Dies ist ein Anstieg um 6,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022. 78.341 Menschen wurden 2023 Opfer innerfamiliärer Gewalt zwischen nahen Angehörigen. Dies sind 6,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Das zeigt das neue umfassende Lagebild, das heute von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Bundesfrauenministerin Lisa Paus und der Vizepräsidentin beim Bundeskriminalamt, Martina Link, in Berlin vorgestellt wurde.

Das Lagebild Häusliche Gewalt ist eine Fortschreibung und Ergänzung der früheren Kriminalstatistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt, die seit 2015 jährlich durch das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht wurde. Neben der Partnerschaftsgewalt werden im Lagebild Häusliche Gewalt auch die Delikte der sog. innerfamiliären Gewalt von und gegen Eltern, Kinder, Geschwister und sonstige Angehörige betrachtet. Die meisten Opfer häuslicher Gewalt waren von Partnerschaftsgewalt betroffen (167.865 Personen, 65,5%), ein Drittel von innerfamiliärer Gewalt betroffen (88.411 Personen, 34,5%).

Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer um 6,4 Prozent auf 167.865 Opfer. Ganz überwiegend trifft Gewalt im häuslichen Kontext Frauen: 79,2 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt und 70,5 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt insgesamt sind weiblich. Von den Tatverdächtigen bei Partnerschaftsgewalt sind 77,6 Prozent Männer, im Gesamtbereich der häuslichen Gewalt 75,6 Prozent.

Im Bereich der Partnerschaftsgewalt lebte die Hälfte der Opfer mit der tatverdächtigen Person zusammen. Die Mehrheit sowohl der Opfer als auch der Tatverdächtigten waren zwischen 30 und 40 Jahre alt, im Bereich der innerfamiliären Gewalt waren unter 21-Jährige Opfer am häufigsten betroffen. 155 Frauen und 24 Männer sind im Jahr 2023 durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden.

Von den 88.411 Opfern innerfamiliärer Gewalt waren 54% weiblich und 46% männlich. Insgesamt ist fast ein Viertel der Opfer unter 14 Jahre alt. Im Jahr 2023 wurden 92 weibliche und 63 männliche Personen Opfer von innerfamiliärer Gewalt mit tödlichem Ausgang.

Die Zahlen von polizeilich registrierter Häuslicher Gewalt steigen nahezu kontinuierlich an, in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent. Doch nach wie vor ist davon auszugehen, dass viele Taten der Polizei nicht gemeldet werden, etwa aus Angst oder Scham.

Das gesamte Bundeslagebild finden Sie auf der Website des Bundeskriminalamtes.

Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ vom 7.6.2024

Was tun gegen geschlechtsspezifische digitale Gewalt?

Der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) hat zum Abschluss des Projekts "InterAktion" eine Broschüre zum Thema digitale Gewalt veröffentlicht. Ein Jahr lang hat der bff zwei Fachberatungsstellen dabei unterstützt, IT-Fachleute als Kooperationspartner zu gewinnen. Ziel war es, die Versorgung für Betroffene von Cyberstalking zu verbessern. Denn Stalking und andere Formen geschlechtsspezifischer Gewalt haben immer häufiger digitale Komponenten, sei es durch Mikrofone oder Standorttracker oder Spyware auf dem Smartphone. Diese digitalen Komponenten zu erkennen und auch zu entfernen oder Gerichtsfest zu dokumentieren, dafür braucht es Fachleute. Im Projekt InterAktion wurden Kooperationen zwischen psychosozialer Fachberatung und IT-Fachkräften als Lösungsansatz erprobt.

Die Broschüre enthält einen Überblick über den Status Quo der Arbeit gegen digitale geschlechtsspezifische Gewalt in Deutschland, Handlungsempfehlungen für Fachberatungsstellen, die eine Kooperation aufbauen möchten sowie Empfehlungen an die Politik, welche Rahmenbedingungen nötig sind, um digitale geschlechtsspezifische Gewalt und Cyberstalking nachhaltig zu bekämpfen.

Die Broschüre steht auf der Website des bff zum Download bereit.

StoP - Stadtteile ohne Partnergewalt

Das Projekt StoP - Stadtteile ohne Partnergewalt - hat sich zum Ziel gesetzt, Gewaltbetroffene und soziale Netzwerke in Stadtteilen so zu stärken, dass Partnergewalt nicht mehr erduldet, verschwiegen, ignoriert oder toleriert wird. StoP arbeitet systematisch auf zwei Ziele hin: Die Veröffentlichungsbereitschaft Gewaltbetroffener und Gewaltausübender wird aufgebaut. Die Interventionsbereitschaft und die Zivilcourage eines lokalen Gemeinwesens wird auf- bzw. ausgebaut. Langfristiges Ziel von StoP ist es, dass die Entstehung von Täterschaft verhindert wird und die Zahl der Gewalthandlungen im häuslichen Bereich sinkt. Das Handlungskonzept wird in acht Umsetzungsschritten im Stadtteil verwirklicht. StoP-Projekte gibt es unter anderem in Berlin, Dresden, Hamburg, Braunschweig und Oldenburg. https://stop-partnergewalt.org/ 

Niedersachsen regelt Kostenübernahme für vertrauliche Beweissicherung bei häuslichen oder sexuellen Gewaltdelikten

Bei häuslicher Gewalt oder sexuellen Übergriffen besteht für die Betroffenen eine hohe Hemmschwelle, ihre Rechte wahrzunehmen und direkt bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten. Viele Gewaltopfer können sich erst mit zeitlichem Abstand zur Tat durchringen, Strafanzeige zu stellen. Etwaige Spuren oder Befunde, die für die strafrechtlichen Ermittlungen von Relevanz sind, können dann oft nicht mehr gesichert und dokumentiert werden. Seit 2012 bietet daher das an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) verankerte Netzwerk ProBeweis Betroffenen von häuslicher oder sexueller Gewalt eine verfahrensunabhängige und vertrauliche Spurensicherung an. Mittlerweile verfügt Niedersachsen mit 45 Untersuchungsstellen an 39 Partnerkliniken über ein flächendeckendes Beweissicherungsangebot für Gewaltopfer. 

Niedersachsen hat als erstes Bundesland die Finanzierung dieser rechtsmedizinischen Leistungen mit den Gesetzlichen Krankenkassen geregelt und in einen Vertrag überführt. Damit wird die forensische Spurensicherung durch das Netzwerk ProBeweis ab 1. Januar 2024 eine kassenfinanzierte Leistung nach Sozialgesetzbuch V. Zudem wird die landesseitige finanzielle Unterstützung vom Netzwerk ProBeweis ebenfalls ab 1. Januar 2024 deutlich verbessert.

Die Vertragsvereinbarung zwischen den GKV, der MHH/Netzwerk ProBeweis und dem Land Niedersachsen sieht vor, dass pro behandeltem Fall beziehungsweise erfolgter Spurensicherung 421 Euro netto pauschal an das Netzwerk ProBeweis erstattet werden. Hiervon wird das Netzwerk 200 Euro netto an die jeweilige leistungserbringende Klinik aus dem Netzwerk überweisen. Bisher konnte das Netzwerk ProBeweis aus den Mitteln des Gesundheitsministeriums lediglich eine Fallpauschale von 50 Euro netto an die Kliniken auszahlen.

Für die gerichtsverwertbare Dokumentation werden die Betroffenen körperlich untersucht, nötigenfalls werden Proben entnommen. Verletzungen werden fotografiert. Alle Befunde werden manipulations- und zugriffssicher aufbewahrt und können im Falle einer Anzeige und Schweigepflichtsentbindung abgefordert und in ein Strafverfahren eingebracht werden. 

Weitere Informationen und Kontakt: www.probeweis.de

Häusliche Gewalt im Jahr 2022: Opferzahl um 8,5 Prozent gestiegen

Die Zahl der Opfer von Häuslicher Gewalt lag im Jahr 2022 bei 240.547 Opfern und ist damit um 8,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 gestiegen. Das zeigt das neue umfassende Lagebild, das von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Bundesfrauenministerin Lisa Paus und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, in Berlin vorgestellt wurde. 

Das neue Lagebild Häusliche Gewalt ist eine Fortschreibung und Ergänzung der früheren Kriminalstatistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt, die seit 2015 jährlich durch das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht wurde. Neben der Partnerschaftsgewalt werden nun auch die Delikte der sog. innerfamiliären Gewalt von und gegen Eltern, Kinder, Geschwister und sonstige Angehörige mitbetrachtet, so dass es nun eine bundesweite Lageübersicht zur Häuslichen Gewalt insgesamt gibt.

Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer um 9,1 Prozent auf 157.818 Opfer. Ganz überwiegend trifft Gewalt im häuslichen Kontext Frauen: 80,1 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt und 71,1 Prozent der Opfer Häuslicher Gewalt insgesamt sind weiblich. Von den Tatverdächtigen bei Partnerschaftsgewalt sind 78,3 Prozent Männer, im Gesamtbereich der Häuslichen Gewalt 76,3 Prozent. 

Im Bereich der Partnerschaftsgewalt lebte die Hälfte der Opfer mit der tatverdächtigen Person zusammen. Die Mehrheit sowohl der Opfer als auch der Tatverdächtigten waren zwischen 30 und 40 Jahre alt, im Bereich der Innerfamiliären Gewalt waren unter 21-Jährige Opfer am häufigsten betroffen. 133 Frauen und 19 Männer sind im Jahr 2022 durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden. 

Opfer von Häuslicher Gewalt insgesamt wurden im Jahr 2022 (jeweils vollendete und versuchte Delikte): 

  • Opfer von Tötungsdelikten: 702 Opfer (248 männlich und 454 weiblich), davon 239 Opfer von vollendeten Tötungsdelikten (58 männlich und 181 weiblich) und 463 Opfer von versuchten Tötungsdelikten (190 männlich, 273 weiblich)
  • Opfer von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: 135.502 Opfer (39.766 männlich und 95.736 weiblich)
  • Opfer von Bedrohung, Stalking und Nötigung: 57.376 Opfer (13.332 männlich und 44.044 weiblich)
  • Opfer von Freiheitsberaubung: 2.575 Opfer (437 männlich und 2.138 weiblich)
  • Opfer von gefährlicher Körperverletzung: 28.589 Opfer (11.277 männlich und 17.312 weiblich)

Die Zahlen von polizeilich registrierter Häuslicher Gewalt steigen nahezu kontinuierlich an, in den letzten fünf Jahren um 13 Prozent. Doch viele Taten werden der Polizei nicht gemeldet, etwa aus Angst oder Scham. 

Start umfassender Dunkelfeldstudie

Wie groß dieses Dunkelfeld ist, soll die Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag“ (LeSuBiA) herausfinden. Die großangelegte Untersuchung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie dem Bundeskriminalamt verantwortet. Deutschlandweit sollen 22.000 Menschen befragt werden. Erste Ergebnisse werden 2025 vorliegen.

Die Teilnehmenden an der Studie werden zufällig aus den Einwohnermelderegistern ausgewählt. Befragt werden sie zur aktuellen Lebenssituation, zu Sicherheit und zu Belastungen im Alltag. Ein Schwerpunkt liegt auf der Erhebung von Gewalterfahrungen in Paarbeziehungen sowie Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und digitaler Gewalt. Zudem enthält die Studie Fragen zu Erfahrungen mit Polizei, Medizin, Gerichten und Opferhilfeeinrichtungen.  

Zwanzig Jahre nach der letzten Opferbefragung des BMFSFJ liefert die Studie nicht nur aktuelle, repräsentative, bundesweite Daten zur Gewaltbelastung von Frauen, sondern erstmals auch von Männern. Mit der Durchführung von Zusatzstichproben werden zudem repräsentative Aussagen zur Gewaltbelastung in Partnerschaften, sexualisierter und digitaler Gewalt von Menschen mit Migrationshintergrund ermöglicht.

Die Studie ist angesichts ihres Umfangs, der anspruchsvollen Methode sowie des geschlechtsübergreifenden Ansatzes in Deutschland bislang einmalig. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, effiziente und wirksame politische Strategien zu entwickeln und die erforderlichen Gewaltschutzmaßnahmen passgenauer zu gestalten.

Für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts wurde ein Forschungsbeirat einberufen, dem zehn Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gewalt-, Gender- und Umfrageforschung sowie Opferhilfe und Medizin angehören. 

Das Lagebild Häusliche Gewalt zum Berichtjahr 2022 finden Sie hier: www.bmi.bund.de/20336752 
Weitere Informationen zur Studie unter: www.bka.de/lesubia  

Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ vom 11.7.2023

Bundesregierung verstärkt Kampf gegen Menschenhandel

Die Bundesregierung verstärkt den Kampf gegen den internationalen Menschenhandel in Deutschland: Die unabhängige Berichterstattungsstelle zu Menschenhandel hat im November 2022 ihre Arbeit am Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) aufgenommen. Aufgabe der Berichterstattungsstelle ist es, durch das Sammeln und Auswerten von Daten zu einer effektiven Umsetzung internationaler Vorgaben beizutragen. Zudem soll die Stelle die bestehenden Maßnahmen gegen Menschenhandel in Deutschland evaluieren und Handlungsempfehlungen erstellen. Jedes Jahr wird die Berichterstattungsstelle Schwerpunktthemen untersuchen und alle zwei Jahre die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichen. www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/abteilungen/berichterstattungsstelle-zu-menschenhandel 

Datenbericht zu Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland

Zum Europäischen Tag gegen Menschenhandel am 18. Oktober 2022 hat der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel – KOK e.V. seinen dritten Datenbericht zu Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland präsentiert. Die Daten werden durch spezialisierte Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel mit Einwilligung der Klient:innen erhoben. Die Analyse des KOK trägt dazu bei, bessere Erkenntnisse zu Menschenhandel in Deutschland zu erlangen und daraus wirksame Politik zum Schutz der Betroffenen und der erfolgreichen Strafverfolgung zu ziehen.

612 Fälle von spezialisierten Fachberatungsstellen in Deutschland wurden ausgewertet. In 96% der Fälle waren Frauen und Mädchen betroffen. 60% der Betroffenen kommen aus westafrikanischen Ländern, knapp 5% aus Deutschland. Bei 17% der Betroffenen fand eine Anwerbung in Deutschland statt. Als Ort der Ausbeutung wurde in 44% der Fälle Deutschland angegeben.

Die Daten der Fachberatungsstellen zeigen, dass ihre Einschätzung zum Vorliegen der Straftatbestände Menschenhandel oder Zwangsprostitution nur in sehr wenigen Fällen auch zu entsprechenden Ermittlungen führt. In nur 29% der erfassten Fälle wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Noch geringer ist die Zahl der tatsächlich erhobenen Anklagen. Die einzig zuverlässigen Zahlen zu Menschenhandel werden im jährlichen Bundeslagebild Menschenhandel des Bundeskriminalamtes erhoben. Deren Aussagekraft ist allerdings begrenzt, da sie sich auf die polizeibekannten Fälle beziehen, in denen ein Ermittlungsverfahren eröffnet und auch abgeschlossen wurde. Die Datenerhebung des KOK ergänzt diese Kriminalstatistiken durch zivilgesellschaftliche Analysen und bildet ein breiteres Spektrum ab. 

www.kok-gegen-menschenhandel.de 

Bundesweites Hilfetelefon 'Gewalt gegen Frauen'

Unter der kostenlosen Telefonnummer 08000 116 016 ist das Hilfetelefon erreichbar. www.hilfetelefon.de

Männerhilfetelefon

Auch Männer können genauso wie Frauen von Gewalt betroffen sein. Unter der Telefonnummer 0800 1239900 erhalten sie Beratung und Hilfe. Zudem ist eine Online-Beratung per Chat oder auch per Mail möglich. www.maennerhilfetelefon.de 

Hilfeportal Sexueller Missbrauch

Das Hilfeportal ist auf die Thematik des sexuellen Kindesmissbrauchs ausgerichtet und übernimmt eine Lotsenfunktion für das gesamte Bundesgebiet. www.hilfeportal-missbrauch.de.

Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe

Informationen zum Verband, bundesweite Hilfsangebote, Termine und Veröffentlichungen. www.frauen-gegen-gewalt.de 

Frauenhauskoordinierung e.V.

Darstellung der eigenen Arbeit, Aktivitäten sowie Informationen und Materialien rund um die Frauenhausarbeit, zum Thema Gewalt gegen Frauen und zur Anti-Gewalt-Arbeit. www.frauenhauskoordinierung.de