06|25 LASS DAS MAL DEN PAPA MACHEN
Frauen in die Politik!
„Zu einem 400-Meter-Lauf treten ein Mann und eine Frau an: Der Mann mit 20 Metern Vorsprung und im sportlichen Outfit, die Frau mit Rucksack aus dem zwei Kinder gucken, vor ihr mehrere Hürden. Da ist die Frage, wer schneller ist, müßig.“ (Regine Hildebrandt, dt. Politikerin, 1941–2001. U.a. Sozialministerin im Land Brandenburg)
Erstaunliche Gesetzeslücken tun sich auf, wenn junge Frauen politische Mandate erringen und sich dann Nachwuchs ankündigt. Die thüringische Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling (Grüne) erlebte 2018 einen Verweis aus dem Plenarsaal mit der Begründung, Babys seien dort nicht erlaubt. Es brauchte zwei Jahre und einen Vergleich vor dem Landesverfassungsgericht, um das zu ändern. Nun dürfen Kinder im Alter bis zu einem Jahr generell mitgebracht werden, wenn sie die Sitzungen des Landtags nicht stören. Bei älteren Kindern entscheidet die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident. Regelungen zu Mutterschutz und Elternzeit sind im thüringischen Abgeordnetengesetz bislang nicht zu finden. Eine Expert(innen)kommission arbeitet an Vorschlägen für Änderungen.
Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) sagte MDR THÜRINGEN: "Zu einem familienfreundlichen und modernen Landtag gehört die Vereinbarkeit von Familie und Mandat." Das habe Vorbildwirkung für ein den Menschen zugewandtes Parlament und für ein lebenswertes Thüringen.
Auch in der Kommunalpolitik kann dieses Problem auftauchen. So wurde jüngst in Bad Münder (Niedersachsen) eine Ratsfrau mit ihrem 11 Wochen alten Baby aus der nicht-öffentlichen Sitzung ausgeschlossen. Hier ist auf jeden Fall Regelungsbedarf!
Die Beispiele zeigen, dass ein Sinneswandel beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Mandat überfällig ist. Bis der vollzogen ist, kann die Demokratie aber nicht warten, denn sie braucht aktive Frauen in der Politik. Und die brauchen Unterstützung für ihr Engagement. Zum Beispiel – und vor allem – von Vätern oder Partnern. Der Gedanke, dass Frauen und Mütter ihr politisches Engagement ernst nehmen, ist wohl noch nicht in den Köpfen angekommen. Auch damit erklärt sich vielleicht, warum politische Mandate überwiegend von Männern wahrgenommen werden.
Denkmuster nach dem Motto "ein kleines Kind gehört zur Mutter" stehen beiden Elternteilen im Weg. Und die früh erlernte Bereitschaft von Frauen, den größeren Teil der Care-Arbeit in der Familie zu übernehmen.
Damit sich das ändert, ist mehr partnerschaftliche Arbeitsteilung im Sinne des politischen Engagements von Frauen gefragt. Damit Mütter, die zur Ratssitzung gehen, entspannt zu ihren Kindern sagen können: "Lass das mal den Papa machen!"
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