05|25 MITGEMEINT IST NICHT MITGEDACHT
Sprache in der Politik
„Der nächste Redner ist ein Dame“, so kündigte 1950 der Bundestagspräsident bei den Haushaltsberatungen die Abgeordnete Anne Marie Heiler an. Wir erinnern uns: Erst ein Jahr zuvor haben vier Frauen hart dafür gekämpft, dass der Artikel 3 Grundgesetz „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ aufgenommen wird. Doch damit ging nicht eine automatische Erreichung der Gleichberechtigung einher, was sich auch sprachlich zeigte.
Bis Anfang der 1990er Jahre war es Praxis, dass Frauen im Kommunalparlament ‚Frau Ratsherr‘ hießen. 1988 klagte eine Frau in Ratzeburg auf den Titel Ratsfrau, der ihr aber nicht zugestanden wurde, stattdessen wurde der verfassungskonforme begriff Ratsherrin vorgeschlagen, die Kommunen durfte allerdings Frau Ratsherr nicht weiterverwenden. In Düsseldorf durften die weiblichen Abgeordneten sich schon seit 1986 Ratsfrauen nennen.
In ihrer Amtszeit als Bundesfamilienministerin weigerte sich Rita Süssmuth eine Verordnung zu unterschreiben nach der ein „Arzt im Praktikum“ schwanger werden kann. "Wenn der Arzt im Praktikum schwanger wird, hat er Urlaub nach den Regelungen des Mutterschutzgesetzes, nach Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs kann er seine Ausbildung fortführen." Auf die Frage, ob sie das wirklich unterschreiben solle, bekam Frau Süssmuth folgende Antwort: "Arzt im Praktikum” ist eine geschlechtsneutrale Bezeichnung; das ist eine Institution." Frau Süssmuth entgegnete: "Aber Institutionen werden aller Erfahrung nach nicht schwanger."
Nicht nur die Ansprache der Frauen war geprägt von patriarchalen Strukturen, auch inhaltliche Debatten zeugen bis heute davon, dass Inhalte und Themen, die von Frauen eingebracht werden nach wie vor nicht selbstverständlich sind. Als die Abgeordnete der Grünen Waltraud Schoppe 1983 im Bundestag eine Rede hält, die nicht nur vielen ihrer männlichen Kollegen noch lange im Gedächtnis bleibt, erntet sie Spott und Häme. Sie sagte: „Wir fordern die Bestrafung bei Vergewaltigung in der Ehe. Wir fordern Sie auf, endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass auch die Frauen ein Selbstbestimmungsrecht haben über ihren Körper und ihr Leben. Wir fordern Sie alle auf, den alltäglichen Sexismus hier im Parlament einzustellen.“ Es folgen u.a. wiederum sexistische Zwischenrufe, die in dem Film „Die Unbeugsamen“ dokumentiert sind.
In ihrer Rede zur Vorstellung der Leitlinien zur feministischen Außenpolitik bemerkte die Aussenministerin Anna Lena Baerbock im März 2023, dass ihr in dem Prozess immer wieder bewusst wurde, was für eine Triggerwort offenbar der Begriff „feministisch“ ist. (Rede von Außenministerin Annalena Baerbock zur Vorstellung der Leitlinien zur Feministischen Außenpolitik - Auswärtiges Amt). Sprache formt Bewusstsein. Eine Sprache die niemanden ausgrenzt und die Realitäten und Ungleichheiten benennt ist ein wichtiger Schritt in eine geschlechtergerechte Welt.
Feiertage und Aktionstage im Mai 2025
- 01.05.2025
Tag der Arbeit - 05.05.2025
Internationaler Hebammentag - 15.05.2025
Internationaler Tag gegen Homophobie, Transphobie, Biphobie - 21.05.2025
Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung - 29.05.2025
Christi Himmelfahrt